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Patrick Loechle, www.interstuhl.com

Die Kultur von keiner Ordnung

Technologiewerkstatt: Patrick, du redest am 6.12. in der Technologieakademie darüber, dass keine Ordnung eine neue Art Unternehmenskultur sein soll. Provokation oder ernst gemeint?

Patrick Loechle:

Das ist durchaus ernst gemeint. Alles ist im Wandel, im Fluss. Die Arbeit wird wesentlich volatiler. Immer mehr Inhalte verschmelzen miteinander. Arbeiten wird mobiler: Unser Büro ist längst nicht mehr nur unser Arbeitsplatz. Es wird zur modernen Begegnungsstätte, zum Raum der Kommunikation. Funktionale Ergonomie verliert an Bedeutung, kreative Räume sind gefragt.

Technologiewerkstatt: Gibt es ein Schlüsselerlebnis, das diese Erkenntnis untermauert?

Patrick Loechle:

(Lacht …) Perspektivisch bestätigt wird das Ganze, wenn ich meine Kids in ihrem Zimmer beim Spielen beobachte. Sie leben genauso, wie wir die Branche sehen: Dinge verschmelzen, Räume und Möbel werden multifunktional eingesetzt, Sortierungen aufgehoben. Lego, Duplo, Holzbauklötzchen – alles wird eingesetzt, sehr dynamisch und flexibel. Gespielt wird auf dem Bett, dem Schreibtisch, in weiteren Räumen. Grenzen im Kopf sind aufgehoben. Es klingt fast nach Spaß, aber warum sehen moderne Arbeitsräume oftmals aus wie Spielplätze?

Technologiewerkstatt: Du beschäftigst dich viel mit Zukunftsthemen der Arbeitswelt. Welche Megatrends siehst du?

Patrick Loechle:

Für mich gibt es einige ganz große Metathemen:
- Die Haltung der Menschen zur Arbeit.
- Arbeit hat nicht mehr seinen festen Platz.
- Die Räume, in denen wir arbeiten, haben andere Ansprüche und Nutzererlebnisse.
- Die Interaktion im Büro wandelt sich komplett.

Technologiewerkstatt: Wie trägt Interstuhl diesen Trends und Themen Rechnung?

Patrick Loechle:

Getrieben davon, dass Menschen heute der Arbeit eine wesentlich untergeordnetere Rolle einräumen und die Work-Life-Balance und das Thema gesunder Lebensstil viel wichtiger sind, beschäftigen wir uns sehr intensiv mit dem aktiven und damit gesunden Sitzen. So haben wir beispielsweise den Stuhl Pure entwickelt, der aktives Sitzen ständig fordert und somit zur permanenten Aktivierung beispielsweise der Wirbelsäule führt. Früher war gesundes Sitzen vor allem auch von der richtigen Stuhleinstellung abhängig. Pure ist einfaches aktives Sitzen. Er passt sich seinem Nutzer an. Aufwändige Einstellungen braucht der Stuhl nicht mehr. Ein Sensor, der aktives Sitzen fördert und unterstützt, ist ebenso Bestandteil unserer Lösung für das aktive Sitzen. Daneben haben wir gerade mit der Kollektion HUB eines der vielseitigsten und modularen Kommunikationsmöbelsysteme auf den Markt gebracht, das sich zur Gestaltung neuer Bürolandschaften perfekt eignet.

Technologiewerkstatt: Was bedeuten diese Veränderungen generell für mittelständische Unternehmen?

Patrick Loechle:

Denkansätze müssen sich wandeln vom Produkt zur Lösung, von der Insellösung zum flexiblen Einsatz, von der Komplexität zur Einfachheit. Der Mittelstand muss eine Kultur schaffen, in dem Probieren und Unordnung Teile des Systems sind. Mehr Verantwortung muss in die einzelnen Positionen bzw. Fachbereiche übertragen werden. Unternehmen müssen stärker auf Kundenbedürfnisse und Partner hören.

Technologiewerkstatt: Was können Unternehmen tun, um als Arbeitgeber attraktiv zu sein?

Patrick Loechle:

Als Schlagworte in gleich zweierlei Hinsicht sage ich: Mauern einreißen! Einerseits sollte das in den Köpfen der Mitarbeiter und des Führungsteams geschehen und andererseits räumlich.

Technologiewerkstatt: Ist dieser Ansatz nicht zu revolutionär?

Patrick Loechle:

Warum sollte das revolutionär sein? Wie schnell haben wir Schwimmen gelernt, als die Schwimmflügel weg waren? Wir müssen uns auf das Neue einlassen. Keine internen Abteilungsstrukturen machen eine kundenzentrierte Lösung aus, sondern die Lösung an sich, die wir dann in eine Struktur gießen, aber nicht umgekehrt. Heißt: agile Teams, Inspiration von außen, von Fachfremden. Außerdem bekommen wir gute Fachkräfte in nachwachsenden Generationen nur, wenn wir uns auf die Bedürfnisse der jungen Generationen einlassen.

Vielen Dank, Patrick, für das interessante Gespräch.

 

Interview: Christine Seizinger, Contento-PR, www.contento-pr.de

 

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